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Viel Wille, zu wenig Weg

11.01.2024

Am zweiten Tag des just gestarteten neuen Jahres 2024 ploppte beim Lesen einer digitalen Zeitung auf meinem iPad-Bildschirm folgende Schlagzeile auf: «Damit hatten wir nicht gerechnet.» Mit diesem Satz startete ein Interview, in dem über den erneuten Solarboom in der Schweiz im vergangenen Jahr berichtet wurde. Nachdem gemäss Erhebungen des Verbandes Swissolar im Auftrag des Bundesamtes für Energie bereits im Vorjahr 2022 mit dem Zubau von gut 1100 Megawatt (MW) Photovoltaik-Leistung ein neuer Rekordwert verzeichnet werden konnte, wurde dieser gemäss Schätzungen im 2023 nun nochmals deutlich übertroffen. Mit einem Marktwachstum von weiteren 1500 MW sollen im letzten Jahr gegenüber 2022 nochmals 40 Prozent mehr PV-Leistung installiert worden sein. Gemäss Feststellungen von Swissolar könnten damit die PV-Anlagen im Lande nun doppelt so viel Strom produzieren, wie das einstige AKW Mühleberg früher lieferte. Nämlich rund sechs Terawattstunden (TWh), was einem Anteil von 10 Prozent Solarstrom am gesamten Jahresstromverbrauch der Schweiz gleichkomme.

Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hat man mir nicht erlaubt.

Zur Einordnung respektive Relativierung: Gemäss dem vom Parlament beschlossenen «Mantelerlass» soll die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien – im wesentlichen Sonne und Wind – bis 2050 auf 45 TWh ausgebaut werden. Diese jährlich steigenden Zunahmen belegen, dass vor allem auch die Wohneigentümer ihre Eigenverantwortung wahrnehmen und fleissig PV-Anlagen installieren – notabene auf eigene Initiative und ohne gesetzliche Zwänge. Und dies auch nicht erst seit der Einläutung der höheren Strompreise, wie jüngst in einer Postille fabuliert wurde. Nach wie vor laboriert aber sowohl die eidgenössische als auch die kantonale Politik an PV-Obligatorien herum, gerade auch bei Sanierungen von Dächern oder gar generell für alle bestehenden Bauten. In diesem Kontext mutet es mehr als seltsam an, dass von den gleichen Gesetzgebern und von Behörden vielen installationswilligen Wohneigentümern die Erstellung einer PV-Anlage verwehrt wird. Als Gründe dafür werden – unter anderem und keinesfalls abschliessend – folgende angeführt: Die Anlage sei «zu unruhig», «zu gut einsehbar», sei «ein Fremdkörper in der historisch von Ziegeln dominierten Dachlandschaft» oder «widerspricht dem Ortsbildschutz». Der deutsche Komiker Karl Valentin hat einst gesagt: «Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut.» Sinngemäss werden sich viele Schweizer Wohneigentümer zum Thema PV-Anlage wohl weiterhin sagen müssen: «Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hat man mir nicht erlaubt.»

Markus Meier, Direktor HEV Schweiz